Dieses Jahr ging der Familien-Sommer-Urlaub in den Großraum Lissabon, um genauer zu sein, in den Küstenort Cascais, wo sich Tejo und Atlantik vereinen. Die Reisezeit wurde von den Schulferien bestimmt, so dass wir recht unflexibel waren und das Ende unseres traumhaften Urlaubs fiel genau auf den Sonntag vor den Cyclassics. An eine gezielt Vorbereitung konnte also nicht gedacht werden, um nicht völlig die Form zu verlieren, lieh ich mir ein vor Ort ein Rennrad und machte erste Erfahrungen mit dem Rennradfahren in Portugal.
Ein Rad zu leihen – gar nicht so leicht
Zugegeben, wir waren schon mal in Cascais und ich sah immer fröhliche Rennradfahrer am Atlantik langfahrern und dachte, hier gibt es bestimmt eine gute Infrastruktur. Also suchte ich vom heimischen Computer einen Rennradverleih, was gar nicht soooo leicht war. Erst der Umstieg auf englische Keywords und die Umstellung der Suchergebnisse brachte mich auf zwei Seiten, wobei die einen auch noch eine Repräsentanz in Sintra und ausschließlich positive Bewertungen bei Facebook hatten. Also Rad reserviert, per Paypal bezahlt und nach einer kurzen Abstimmung wurde mir das Rad pünktlich und völlig unproblematisch an unsere Unterkunft geliefert. Das Rad selbst war völlig in Ordnung und wie in auf der Webseite beschrieben ein Fuji in Aluausführung und mit einer einfachen Shimano-Gruppe ausgestattet. (Über die Unterschiede von Tiagra, 105 und Di2 soll noch ein eigener Artikel kommen) Die Chance bei einem Leihfahrrad neue Gruppen oder Materialien auszuprobieren, wie es etwa auf Mallorca möglich ist, gibt es in Portugal meiner Meinung nach nicht.
Die erste Ausfahrt Richtung Sintra
Cascais liegt wie gesagt an der nördlichen Mündung des Tejo in den Atlantik, direkt hinter Cascais beginnt eine lange Straße, die in einem großen Bogen den Surfhotspot Guincho ansteuert und anschließend in das Gebirge vor Sintra führt. Gebirge ist vielleicht etwas viel, aber es geht bergauf und es ist möglich eine gute Stunde nur bergan zu fahren, auch wenn die Gesamthöhe mit um und bei 500 Metern überschaubar ist, dafür startet man aber auch bei null. Neben dem Gebirge gibt es noch eine zweite Herausforderung – den Wind. Wo ein Surfhotspot ist, weht garantiert regelmäßig ein spürbarer Wind, meist aus Nordwest, was bedeutet, bevor der Anstieg kommt, ist der Wind schon da, dafür schiebt einen nach der Abfahrt der Rückenwind einen weiter ins Ziel.
Um dem Verkehr zu entgehen startete ich immer sehr früh morgens und hatten um sieben Uhr zum einen einen wunderbaren Blick auf die aufgehende Sonne und zum anderen die Straßen fast für mich allein. Entspanntes Radeln an der Küste (wenn der Wind nicht gerade das Rad wegwehte oder ich über eine Sandverwehung klettern musste) und dann ging es bei entspannten 4-5% hinauf Richtung Malveira da Serra. Perfekte Straßen, kein Verkehr, eine lachenden und wärmende Sonne bei 22 Grad – viel schöner kann das Rennradlerleben nicht sein. Das sollte wiederholt werden….
Rennradfahrt nach Sintra
- Um mit dem Rennrad von Cascais nach Sintra zu kommen, bieten sich vor allem zwei Routen an:
Auf der Hauptstraße N247 bleiben und nach einer Abfahrt Richtung Colares wieder recht knackige Höhenmeter Richtung Sintra sammeln. Diese Route ist allerdings ab einer gewissen Uhrzeit mit Touristen, Bussen und Autos überfüllt. Der Anstieg nach Sintra sollte nicht unterschätzt werden, er wird zum Ende hin immer steiler, um die Schlösser und Burgen herum sind selten Steigungsprozente unter 12 Prozent zu finden. Der Rückweg ist ab jetzt identisch mit dem Hinweg, der wie ich finde, schöneren Variante: - Zunächst ist die Strecke identisch, doch die Hauptstraße wird kurz hinter dem höchsten Punkt der N247 auf der Westseite verlassen und es wird die N247-3 genommen. Auf Karten sieht die Straße immer sehr groß aus, in Wirklichkeit ist sie sehr klein und ich habe Variante 1 nur kennengelernt, weil ich an der Abbiegung zwei mal vorbeigefahren bin – daher hier noch Bildhinweis. Ist die Straße gefunden, hat das Paradies ein neues Level erreicht, eine noch einsamere Straße mit noch schönerer Natur. Es geht vorbei an riesigen Bäumen und wunderbaren Aussichten auf das Landesinnere, bis irgendwann der Nationalpark Sintra beginnt und die Straße Richtung Schloss steigt. Schöner geht es nicht. Da ich so fasziniert von der Straße war, bin ich auch den identischen Weg zurückgefahren. I like.
Zum westlichsten Punkt Europas
Für etwas kürzere Touren bietet sich ein Abstecher zur Cabo da Roca an, dem westlichsten Punkt von Festlandeuropa. Zunächst geht es wieder bergauf bis ein riesiges Hinweisschild (auch hier lieber morgens kommen) die Richtung vorgibt. Es geht rasend bergab bis am Ende der Straße ein Leuchtturm zu sehen ist. Bei schönem Wetter hat man hier einen phantastischen Blick, tief unter einem sieht man den tobenden Atlantik, oder Fischer bei der Arbeit. Anschließend sollte noch ein Schluck aus der Flasche genommen werden, denn dann geht es ordentlich bergan. Bei Strava ist die Strecke vom Leuchtturm bis zur Kreuzung mit einer Länge von 2,8 Kilometern und einer durchschnittlichen Steigung von 5 Prozent angegeben – ich fand es anstrengend.
Grundsätzlich: Rennrad in Cascais und Umgebung
In Hamburg ist man als Radfahrer die dauernde Auseinandersetzung zwischen Autofahren und Radkern gewohnt. Gehupe, schneiden, Wischwasserattaken, Gemotze, Gepöbel und vieles mehr gehören zum Alltag. Nicht nur beim Weg zur Arbeit, sondern auch beim Training. Umso mehr fällt es auf, wenn es mal nicht so ist. In Portugal, bzw. den Straßen rund um Cascais waren die Autofahrer immer, wirklich immer sehr rücksichtsvoll, haben geduldig gewartet, bis sich eine Chance zum Überholen geboten hat – es war sehr angenehm, auch wenn in Abfahrten mal die Ideallinie genommen wurde, ganz anders als bei unserem Rennradwochenende im Harz.
Rennradfahren in Cascais und Sintra: absolut empfehlenswert
Das ist aber eher der westlichste Punkt Europas als der östlichste 😉
Hallo Rene,
ohje – da bin ich ja mächtig vom Kurs abgekommen 😉 Danke für den Hinweis und korrigiert….
Ja, so ist das mit den Offensichtlichkeiten, die sieht man nicht.
Ansonsten: schoener Post, schoener Trip.. Die Gegend ist wirklich toll, bis auf das Schloss natuerlich total unversaut vom Tourismus. Mit dem Rad war ich noch nicht da, aber das bietet sich wirklich an.